FreeDOS – wer braucht es und wofür?

FreeDOS ist laut freedos.org ein (ich übersetze aus dem Englischen) »vollständiges, freies, DOS-kompatibles Betriebssystem […]. Ein jedes Programm, das unter MS-DOS arbeitet, sollte ebenso auf FreeDOS laufen«.

»Vollständig« – ja, das stimmt, wenn man eine grafische Benutzeroberfläche nicht zu einem vollständigen, heutigen Desktop-Betriebssystem zählt. Doch wozu sollte man so ein Betriebssystem heutzutage überhaupt noch einsetzen wollen? Gründe könnten sein:

  • Alte MS-DOS-Spiele zocken,
  • veraltete Business-Software laufen lassen,
  • selbst programmierte Software von früher noch einmal laufen lassen,
  • Uralt-Hardware nicht verschrotten müssen,
  • damit angeben, dass man sich mit den komplizierten DOS-Befehlen auf der Kommandozeile auskennt.

Nun, bei mir ist es erstens die Neugierde, wie sich FreeDOS, das sich zwar wie das alte MS-DOS »anfühlt«, aber ständig weiterentwickelt wird, auf moderner Hardware so macht; und zweitens besitze ich viel von meiner alten DOS-Software noch in irgendeiner Form, nämlich entweder auf externen Festplatten oder sogar noch auf Disketten. Und drittens würden mich die Sachen, die ich vor Jahrzehnten mal mit QuickBASIC und Turbo Pascal programmiert habe, einfach noch mal interessieren. Dieses ganze Zeug muss ich jetzt nur noch auf das Solid-State-Drive kopieren, auf dem ich FreeDOS erfolgreich installiert habe und das in einen 64-Bit-Computer eingebaut ist. Ja, mal schauen, wie dort die alten Programme so laufen werden …

Notebooks mit FreeDOS

Preiswerte Notebooks werden oft mit dem Betriebssystem FreeDOS vertrieben. Ein mitgeliefertes Windows-Betriebssystem würde aufgrund der Lizenzkosten natürlich einen weitaus höheren Verkaufspreis erforderlich machen. Oft ist immerhin eine CD mit Treibern für Windows beigelegt. Das alles kann nach dem Auspacken und Einschalten des Notebooks durchaus zur Verwirrung der Käufer führen. Man erkennt das an den verwunderten Fragen in so manchen Computerforen. »Das Display bleibt schwarz und zeigt nur ein weißes C:\« – so oder so ähnlich äußern sich die ratlosen Benutzer. Doch erschreckender sind manchmal die Antworten, etwa die folgende:

Hallo,

kann es sein das Du diesen […] gekauft hast,dann ist es ein FreeDos also ohne Betriebssystem.

Hier sind nicht nur Rechtschreibung und fehlende Kommata übel, sondern vor allem die Aussage, FreeDOS sei kein Betriebssystem. Natürlich ist es ein Betriebssytem (Free Disk Operating System), nur eins ohne grafische Benutzeroberfläche. Ferner ist es quelloffen und unterliegt der GPL-Lizenz, sodass keine Lizenzgebühren zu zahlen sind.

Doch was tun? FreeDOS mag ja für bestimmte, spezielle Einsatzzwecke das Richtige sein; ein wie von Windows gewohntes, »normales« Arbeiten ist damit jedoch nicht machbar. Man hat also folgende Möglichkeiten:

  • Windows neu kaufen (was dann wohl insgesamt teurer wird, als wenn man ein Notebook mit installiertem Windows gekauft hätte),
  • Windows gebraucht kaufen,
  • ein vorhandenes Windows installieren, zu dem man eine Lizenz besitzt, etwa von einem ausrangierten Computer,
  • GNU/Linux, BSD oder sonst ein freies Betriebssystem besorgen.

Ich selbst habe übrigens mit einem 286-er AT-Computer angefangen, auf dem MS-DOS installiert war, kann mir also unter einem Betriebssystem, das keine grafische Benutzeroberfläche aufweist, etwas vorstellen. Damals musste man sich schon noch ganz schön mit so einem Computer auseinandersetzen, Handbücher lesen und viele Befehle lernen, die einzutippen waren. Natürlich bin ich froh, dass das heute alles einfacher ist und wir wunderschön anzusehende Benutzeroberflächen, die total einfach zu bedienen sind, haben. Doch über das heute vielfach anzutreffende völlige Unverständnis, was ein Computer überhaupt ist und wie er arbeitet, bin ich angesichts solcher Fragen und Antworten wie den oben zitierten doch ein wenig entsetzt …


Torsten Kelsch